Die Arbeitsgemeinschaft AtomErbe Neckarwestheim begrüßt den heute von Umweltminister Untersteller verkündeten Stopp der Ablagerung radioaktiven Mülls auf baden-württembergischen Deponien z.B. in Schwieberdingen, Vaihingen, Heilbronn, Buchen, Sinsheim, Billigheim.
"Schon als 2015 die zuvor verheimlichte Einlagerung von schwach radioaktiven Abfällen aus dem Atomforschungszentrum Karlsruhe in Schwieberdingen aufgedeckt wurde", erinnert S. Mende-Lechler von der BI AntiAtom Ludwigsburg, "da haben wir eine zukünftige öffentliche Nutzung der Deponie Froschgraben (z.B. als Freizeitgelände) deutlich kritisiert."
Endlich zieht auch in das Umweltministerium die Erkenntnis ein, dass das kurzsichtige Verteilkonzept für Radioaktivität schwere Mängel hat. Aber es darf nicht bei einem vorläufigen Stopp bleiben. Es muss dauerhaft Schluss sein mit der fahrlässigen "Freigabe" und "Herausgabe" von Material mit Radioaktivität aus Atomanlagen. "Das bisherige Handeln auf Basis des so genannten 10 mikro-Sievert-Konzept der Strahlenschutzverordnung gleicht eher einer Bestrahlungserlaubnis der Bevölkerung und ist unverantwortlich", erläutert F. Wagner von der AG AtomErbe und ergänzt: "was 'Freimessen' genannt wird, befreit nicht von Strahlung, sondern macht die Strahlung frei von Überwachung, das ist nicht fair zu Mensch und Umwelt".
Die heutige Entscheidung des Umweltministeriums lässt Fragen offen:
- Wirkt der Stopp auch tatsächlich sofort, angesichts der in der Vergangenheit großzügig erteilten und unbefristeten Vorratsgenehmigungen?
-Gilt der Stopp nur für die kleine, offizielle Menge an "zur Deponierung freigegebenem" Material (z.B. die aus GKN I für Heilbronn vorgesehenen 1050 Tonnen) oder auch für eine möglicherweise viel größere Menge an ebenfalls auf den Deponien landendem "uneingeschränkt freigegebenen" Abrissmaterial? Und vor allem auch für dasjenige AKW-Material, welches völlig unkontrolliert in Umlauf gebracht wird?
- Wie groß sind die bereits in der Vergangenheit deponierten Mengen aus "beschränkter Freigabe", "uneingeschränkter Freigabe" und "Herausgabe"?
- Wo ist der Abrissschutt der GKN I-Kühltürme geblieben?
- Kommt es zu einem Umdenken, dass es nicht einfach nur eine Neuberechnung der Strahlenbelastung braucht, sondern dass die ungefragte Belastung der Menschen mit Radioaktivität endlich beendet werden muss?
- Will man wirklich eine der unzähligen Lücken des 10 µSv-Konzepts nach der anderen "reparieren" oder wird man das untaugliche Konzept endlich über Bord werfen?
"Dass man den Bürgern zumutet, eine gesundheitsschädliche, zusätzliche Strahlenbelastung von jährlich bis zu mehreren 10 µSv zu erleiden, wurde nie offen diskutiert, wurde nicht demokratisch beschlossen, sondern in Hinterzimmern ausgetüftelt", kritisiert G. May-Stürmer vom BUND Heilbronn-Franken, "und man beraubt uns Bürger der Chance, überhaupt zu erfahren, ob und wie wir betroffen sind. So kann sich auch niemand schützen."
M. Knoll vom Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn ergänzt: "Das Umweltministerium propagiert den Einsatz von Recycling-Beton, das begrüßen wir als wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Aber warum gefährdet dann das selbe Ministerium genau dieses Projekt, indem es die unkontrollierte und versteckte Wiederverwendung von Beton aus dem AKW-Abriss auch in Gebäuden erlaubt? Da stolpert es über seine eigenen Persilscheine angeblich 'vollkommener Unbedenklichkeit'."
Die vom Ministerium angesprochene "höchste Vorsorge" verlangt aus Sicht der AG AtomErbe, dass sämtliches Material aus Demontage und Abriss der Atomanlagen dauerhaft vor Ort bleibt und dort bewacht wird. "Das bedeutet zwar am Standort Neckarwestheim wegen der großen geologischen und Grundwasser-Probleme ganz besondere Vorsichtsmaßnahmen", stellt F. Wagner fest, "aber das ist der einzige gegenüber den heutigen und künftigen Generationen verantwortliche Weg. Radioaktiven Müll in alle Winde zu verteilen, um der EnBW Geld zu sparen, das muss für immer ein Ende haben."